Zeit für Steuergerechtigkeit! Internationale gewerkschaftliche Aktionswoche.

Das Zusammenspiel von betrieblicher, überbetrieblicher und gesellschaftspolitischer gewerkschaftlicher Interessenvertretung am Beispiel der einer internationalen Aktionswoche für Verteilungsgerechtigkeit als Maßnahme gegen die Folgen der Finanzmarktkrise

Die Arbeitswelt und die betriebliche Interessenvertretung

Der Blick auf die Arbeitswelt im Rahmen der in Lehrveranstaltung durchgeführten Betriebsbesuche zeigt diese Welt zunächst vordergründig „vor Ort“, nämlich in den Betrieben bzw. an den Arbeitsplätzen. Eingebettet wird dieser Blick in die Beschäftigung mit allgemein strukturellen und auch globalen Entwicklungen der Veränderung von Arbeitsorganisation und Arbeitsprozessen, die in den Vorlesungen behandelt werden – mit den Inputs von Ulrich Brand und Roland Atzmüller.

Gewerkschaft: betriebliche und überbetriebliche Interessenvertretung

Der Blick in die Arbeitswelt direkt im Betrieb ist auch der erste Ankerpunkt für die Verknüpfung mit Fragen nach dem Gegensatz von Unternehmens- bzw. ArbeitgeberInneninteressen und den Interessen der ArbeitnehmerInnen. Für letztere setzt sich „vor Ort“ in den Betrieben die betriebliche Interessenvertretung, der Betriebsrat, ein (soweit ein solcher in einem Betrieb von den Beschäftigten gewählt und eingerichtet wird). Die Betriebsräte sind ein unabdingbares Kernelement gewerkschaftlicher Strukturen. Die Gewerkschaft als Organisation fasst die ArbeitnehmerInneninteressen auf überbetrieblicher Ebene zusammen. Beide Aspekte – die betriebliche Interessenvertretung und ihr Verhältnis zur überbetrieblichen bzw. gewerkschaftlichen Organisation dieser Interessen, sind Gegenstand von Franz Georg Brantners Input.

Gewerkschaftliche Interessenvertretung als gesellschaftspolitischer Gestaltungsfaktor – Beispiel „Aktionswoche für Steuer-Gerechtigkeit“

Über die betriebliche und überbetriebliche Ebene gewerkschaftlicher Arbeit des Einsatzes für ArbeitnehmerInneninteressen hinaus, spielt noch ein weiteres Agitationsfeld eine wichtige Rolle: die politische Ebene, auf der wesentliche Rahmenbedingungen der Arbeitswelt und damit für ArbeitnehmerInnen gestaltet werden. Auch hier tritt der Gegensatz von ArbeitgeberInneninteressen und ArbeitnehmerInneninteressen – wie ihn auch Werner Drizhal angesprochen hat – immer wieder deutlich zu Tage. So lassen sich viele Aspekte des strukturellen Wandels der Arbeitswelt auf das politische Wirken von Unternehmens- und Wirtschaftsinteressen zurück führen. Diese gehen von Maßnahmen im Bereich des Arbeitsrechts (Bsp.: neue, „atypische“ Arbeitsverträge) bis hin zu Einschnitten bei sozialstaatlichen Errungenschaften (Bsp.: Privatisierungen und Kürzungen von Sozialleistungen).

Ein wesentliches Feld der Auseinandersetzung ist die Steuerpolitik – in Österreich aber auch international. In Folge der Finanzkrise haben sich schon zuvor bestehende Probleme in den letzten Jahren verschärft. Aktuell nehmen die Auseinandersetzungen aufgrund der durch die Finanzmarktkrise verursachten Staatsschuldenkrise zu. Als politische Organisationen müssen Gewerkschaften auch hier Stellung beziehen und sich für die Interessen der ArbeitnehmerInnen einsetzen. Ausgangspunkt ist dabei, dass Arbeit steuerlich überdurchschnittlich hoch belastet wird, Kapital hingegen nur niedrig, wodurch bereits vermögende Schichten gegenüber arbeitenden Peronen steuerlich priviligiert werden.

Derzeit macht daher nicht nur die Arbeiterkammer diese Schieflage zum Thema, sondern auch die Gewerkschaft der Privatangestellten – Druck, Journalismus, Papier, und zwar mit der am 5. November 2012 startenden ersten internationalen Aktionswoche „Geld ist genug da: Zeit für Steuer-Gerechtigkeit“ gemeinsam mit der deutschen Gewerkschaft ver.di und der schweizer Gewerkschaft Unia.

„‚Eure Krise ist nicht unsere Krise‘, riefen Menschen weltweit, als 2008 die Finanzkrise ausbrach, die die Welt bis heute am Wanken hält. Aber heute zeigt sich auch, dass nicht zuletzt die Europäische Union die Krise zur Krise der Bevölkerungen macht. Den Beschäftigten in den besonders betroffenen Staaten werden die Löhne aufs Minimum gekürzt, die Erwerbslosen immer mehr, auch in Deutschland, und eine ganze Generation junger Menschen wird abgehängt. Nötige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur? Fehlanzeige. Dabei mangelt es nicht am Geld, das ist da. Die Vermögen sammeln sich bei immer weniger Reichen, von denen nicht wenige die anhaltende Krise verschuldet haben. Es ist an der Zeit, sie an den Kosten der Krise zu beteiligen, Zeit, umzuverteilen, Zeit für mehr Steuergerechtigkeit.“ (ver.di)

Politische Fragen auf die betriebliche Ebene bringen

Die gewerkschaftliche Interessenvertretung von über betriebliche Fragen hinausgehenden, politischen Anliegen der ArbeitnehmerInnen ist Ausdruck von gesamtgesellschaftlichen Gestaltungsansprüchen. Um diese zu untermauern und letztlich auch durchzusetzen bedarf es aber weiterhin der Organisation von Interessen der ArbeitnehmerInnen selbst, und das heißt, Zusammenarbeit, Information etc. auf betriebliche Ebene. Dieser Aspekt wird bei aktuellen Aktionswoche unter anderem dadurch ausdrücklich berücksichtigt, dass spezielle Initiativen mit und Materialien für Betriebsräte geplant bzw. bereitgestellt werden. Das Ziel ist, die Lage der ArbeitnehmerInnen mit drängenden Fragen der Steuerpolitik zu verknüpfen, um so auch das politische Bewusstsein für diese Zusammenhänge zu stärken.

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